Wir habe keine Angst!
Aufgeregt steht eine Gruppe Achtjähriger zur Nachtwanderung bereit. Unbedingt wollen sie noch in den dunklen Wald. Mit aufgeregtem Stimmengewirr ziehen sie sich an, probieren Taschenlampen aus und besprechen mit den Mitarbeitenden, worauf zu achten ist.
Laut grölend macht sich die Gruppe der Jungen auf den Weg. Die Gruppe der Mädchen gewährt ihnen einen Vorsprung. Doch als die Lichter hinter den Bäumen verschwinden und die Stimmen der Jungen leiser werden, macht sich Sorge bei den Mädchen breit: Was kann passieren in einem Wald? Was für Tiere sind nachts unterwegs? Woher kommen die Geräusche? Und was passiert, wenn jemand verloren geht? Und während sie besorgt überlegen, entscheiden sie sich: „Nein, wir haben keine Angst! Die Jungen wollen uns bestimmt erschrecken, aber wir lassen uns nicht erschrecken!“
Mit großen, wachen Augen laufen die Mädchen weiter. Aufmerksam für jedes Geräusch überprüfen sie im Schein des Vollmonds die Vollständigkeit der Gruppe, mahnen einander, nicht zu schnell zu gehen, keinen Hinweis zu übersehen und als Gruppe gut zusammenzubleiben. Aufmerksam und mit dem festen Entschluss: Wir haben keine Angst!
Plötzlich springen die Jungen mit lautem Geschrei aus dem Gebüsch. Mit zusammengekniffenen Lippen zucken die Mädchen lautlos zusammen, um im nächsten Moment lautstark zu verkünden: „Ihr habt uns nicht erschreckt, wir haben nämlich keine Angst!“ und entschieden an den irritierten Jungen vorbeizustapfen.
Wir erleben Sorge, gar Angst, die tatenlos werden lassen kann. Die alles in Frage stellt, worauf wir lange Zeit vertraut haben. Krieg in Europa, Sorge um ungeheizte Wohnungen, Themen, die längst vergangener Zeit angehören sollten. Vertraute Gewissheiten verlieren ihre Gültigkeit.
Da beeindruckt mich die Entschlossenheit dieser Achtjährigen, die in ihrer Sorge nicht tatenlos werden.
Sie werden aufmerksam füreinander und für die Gefahren, sie überlegen ihr Handeln gut und sie haben sich erschreckt. Aber sie haben entschieden, dass die Angst keine Macht über sie bekommt.
Gott verspricht uns nicht, dass er uns alle Sorgen und Gefahren nimmt. Aber er verspricht Josua im Alten Testament und uns heute:
Hab keine Angst und fürchte dich nicht, denn der HERR, dein Gott, ist mit dir auf allen deinen Wegen.
Oder wie wir im ersten Lied eines modernen Gesangbuchs, der Freitöne singen: Die Sorge bleibt, doch bedroht mich nicht.
Ihre
Maren Wehmeier, Pastorin
