Angedacht von Pastorin Angela Thies

Nachricht 18. Mai 2024

Wie Hermann

Von Pastorin Angela Thies, Steyerberg

Ich denke, ich war so im Konfialter, als Hermann bei uns einzog. Meine Mutter hatte ihn von einer Arbeitskollegin bekommen in einem Gurkenglas. Nun stand er auf der Fensterbank und dümpelte vor sich hin. Hermann war ein Sauerkuchenteig. Er musste regelmäßig mit Mehl, Zucker und Milch gefüttert werden und regelmäßig umgerührt werden, damit es in ihm anfing zu gären. Wenn er Luftblasen warf, war es so weit, dass er geteilt, zu einer Art Topfkuchen mit Zimt und Rosinen gebacken, anderen als Glückskuchen wie in einem Kettenbrief weitergereicht und eine Portion wieder neu für den nächsten eigenen Kuchen angesetzt werden konnte. So ging das immer weiter. Wenn der Appetit auf Hermann verflogen war, landete er im Kühlschrank. Da blieb er ruhiger und gärte nicht so schnell. Aber bei günstigen Bedingungen, Zimmertemperatur und guter Pflege konnte er sehr voluminös und geruchsintensiv werden. Da wussten alle, die die Küche betraten: hier ist Hermann. Irgendwann wurde es uns zu bunt, Hermann immer als lebendigen Mitbewohner im Kühlschrank zu haben und ständig den gleichen Kuchen zu essen. Jedenfalls zog Hermann genauso plötzlich aus, wie er eingezogen war und wir aßen fortan gerne wieder getrockneten Butterkuchen zum Kaffee.

Ich stelle mir Hermann vor, wenn Jesus sagt: „Das Himmelreich gleicht einem Sauerteig.“ Eine Frau nahm ihn, mischte ihn unter drei Säckchen Mehl. Am Ende war der ganze Teig durchsäuert. Wasser und Mehl, aber auch Zeit und Geduld waren nötig. Ein kleiner Anfang, nichts Spektakuläres und dann so große Wirkung. Ich denke an unsere Konfirmandinnen und Konfirmanden, die in den vergangenen Wochen in unseren Gemeinden konfirmiert wurden. Was wirkt weiter in ihnen? Ich hoffe, dass die Zeit im Konfirmandenunterricht ein bisschen wie Hermann für sie war. Dass etwas gerührt, etwas angerührt, etwas zum Blubbern gebracht wurde, auch wenn vielleicht erstmal gar nichts passiert. Dann aber wieder rumort es doch: Gott mischt mit, rührt und berührt. Das Himmelreich ist schon da, weil Gott sich einmischt. So war es schon immer, so geht es auch weiter. Anders als bei Hermann, auch ohne unser Zutun. Gott sei Dank! Guten Appetit!

Ihre

Angela Thies, Pn.

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