Tag des Friedhofes
Von Pastor Andreas Dreyer, Landesbergen
Nein, liebe Leserinnen und Leser, ich habe mich nicht vertan: heute, an diesem Sonnabend, da Sie dies lesen, ist der Tag des Friedhofs. Keineswegs erst im November, wie man eigentlich viel eher vermuten könnte. Vielleicht, weil jetzt die Zeit näherkommt, da die Gräber für die Winterzeit hergerichtet werden. Vielleicht auch, weil der September ein klassischer Erinnerungsmonat ist, besungen und von Dichtern mit Versen bedacht. ‚Do You remember the Days in September…‘ sang einst Harry Belafonte. Die kürzer werdenden Tage erinnern uns an die Begrenztheiten des Lebens wie an den näherkommenden Winter. An der Sonne freuen wir uns beinahe mehr noch als im Sommer, eben weil wir wissen, dass die Sonnenstunden weniger werden…
Auch wenn es sicherlich ein Ort ist, der für die meisten mit Traurigkeiten und Erinnerungsschmerz verbunden ist: ich freue mich doch bei jedem Friedhofsbesuch, dass es diese einzigartigen Erinnerungsorte gibt. Die Gespräche, die sich dort ergeben, sind meist irgendwie tiefgängiger und anderer Art als der Smalltalk auf der Straße oder im Supermarkt, der Umgebung wie von selbst geschuldet. Man erfreut sich daran, wenn blühende Pflanzen dem Ort etwas von der Schwere nehmen. Daran, dass die Bäume in langer Reihe noch im Grün stehen. Dass man Menschen trifft, denen die Gräber ihrer Angehörigen am Herzen liegen. Wasserkannen werden geschleppt, damit die Pflanzen gedeihen können.-
Manchmal, selten genug, denke ich auch daran, dass Friedhöfe ja im Grunde österliche Orte sind, an zentraler Stelle mit unserem Glauben verbunden verkündigen sie die Hoffnung auf Auferstehung und Trost. Und auch die Vielfalt der Steine gilt es zu bestaunen, künstlerisch gestaltet, künden sie doch von Einzigartigkeit jedes Menschen wie auch von der Möglichkeit, Gräber individuell zu gestalten. Verlassen wir den Friedhof, kehren wir irgendwie ins Leben zurück. Die Pforte entlässt uns wieder, symbolisch gesprochen. Die Alltagswelt hat uns zurück.
Ihr
Andreas Dreyer, P.
