Angedacht von Superintendentin Sabine Schiermeyer

Nachricht 05. Juni 2022

Die Pusteblume

Von Superintendentin Sabine Schiermeyer, Stolzenau

Ich mag Pusteblumen! Auf vielen Wiesen leuchten gerade kleine Löwenzahn-Sonnen, Pusteblumensamen fliegen durch die Luft. Früher habe ich die Pusteblumen trotz des Schimpfens meiner Eltern im Garten abgepustet und fasziniert den kleinen Propellerschirmchen hinterher gesehen, die die Samen in die Welt trugen. Und der Wind wehte sie überall hin! Löwenzahn ist nicht wählerisch. Ein bisschen Erde, Regen und Sonne reichen, und dann wächst er sogar in Straßenritzen. Oft ist er uns nur ein lästiges Unkraut, das ausgerissen gehört. Dabei symbolisiert er die Kraft des Lebens selbst, die sich unermüdlich und optimistisch neue Plätze erobert. Irgendwo werden schon ein paar Schirmchen landen. Irgendwo werden gelbe Blüten sich zu puscheligen Pusteblumenbällchen verwandeln und neue Welten erobern.

„Der und seine Anhänger sind wie Unkraut! Weg damit!“ - Wie ein Gärtner nicht lange fackelt und den Löwenzahn in seinem Rasen aussticht, so wurde mit Jesus und seinen Freunden kurzer Prozess gemacht. Nirgendwo sollten die gefährlichen Wort-Samen mit ihren Himmelsträumen noch unterwegs sein dürfen. Jesus verstummte am Kreuz, und seine Anhänger wagten höchstens ein leises Flüstern hinter verschlossenen Türen. Wo vorher von einem zärtlichen Gott geredet wurde, war nun lähmende Stille.

Aber nicht für lange! Worte, die einmal in der Welt sind, können genauso wenig eingefangen und ausgemerzt werden wie flauschige Pusteblumenpropeller.

Worte haben Macht. Sie kommen so zart daher, können so leicht überhört oder verdreht werden. Doch in ihnen kann Gott selbst sprechen und alles verändern.  Er hat das ängstliche Flüstern der ersten Christen zu einem lautstarken Orkan werden lassen. Sie mussten einfach von dem reden, wovon ihr Herz überfloss, und so flogen ihre Worte von Mund zu Ohr, von Stadt zu Stadt und von Land zu Land. Sie flogen durch die Zeiten bis zu unseren Ohren, wurzeln sich in unsere Herzen ein, schaffen etwas Neues. Wir wissen von Jesus, wir hören von Gott, wir träumen von seinem Himmel, wir haben eine Vision von einer besseren Welt.

Das ist der Urkern von Pfingsten: Gute Worte fliegen durch die Welt, auch in finsterer Zeit. Hoffnung liegt in der Luft. Nichts muss bleiben, wie es ist. Nicht das Böse siegt, sondern die zärtliche Liebe unseres Gottes.

Gesegnete Pfingsttage wünscht Ihnen

Ihre

Superintendentin Sabine Schiermeyer, Stolzenau

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