Kartoffeln vom glücklichen Bauern
Von Pastorin Angela Thies, Steyerberg
So stand es in großen Buchstaben auf dem Plakat an einem Acker entlang des Emsradweges. Ich bin noch einmal wieder zurück gefahren um mich zu überzeugen, dass ich richtig gelesen hatte. Bei Slogans wie „Eier von glücklichen Hühnern“ oder „Milch von glücklichen Kühen“ kann ich mir vorstellen, dass eine artgerechte Tierhaltung sich positiv auf die Erzeugnisse auswirkt, aber ein Zusammenhang zwischen dem Gemütszustand eines Landwirtes und dessen Kartoffelernte scheint mir doch abwegig. Trotzdem bleibt mir der Satz im Gedächtnis und zuhause angekommen rufe ich den Landwirt an und frage nach, was er denn damit gemeint habe. Der Landwirt gibt mir bereitwillig Auskunft. Als erstes wolle er die Menschen zum Nachdenken bringen. Na, das ist ihm ja bei mir gut gelungen! Er wünsche sich ein neues Bewusstsein in der Gesellschaft für die landwirtschaftlichen Erzeugnisse und eine Wertschätzung für die, die sie herstellen. Namen und Gesichter stünden dahinter und das würde besonders deutlich bei dem Einkauf regionaler Produkte. Ich frage ihn, ob man angesichts des Dürresommers und den gestiegenen Energiepreisen denn überhaupt noch von glücklichen Bauern sprechen könne. „Mit Wetterkapriolen leben wir in der Landwirtschaft schon immer. Wir wissen, dass wir nicht alles in der Hand haben. “, antwortet er. „Schwieriger geworden sind für uns die äußeren Umstände, die Auflagen der Politik, unkalkulierbare Preisentwicklungen und das gesunkene Image unserer Berufsgruppe. Glücklich und dankbar bin ich trotzdem. Ich kann auch auf Vieles sehen, was ich unverdient geschenkt bekommen habe. Ich konnte die Ausbildung machen, die ich wollte, ich arbeite gerne in meinem Beruf. Ich liebe meine Frau und meine Kinder. Oft hatte ich schon mehr Glück als Verstand. Ich lebe in dem Teil der Erde, in dem die Äcker genügend Früchte tragen. Und trotzdem sind auch in unserem Land viele Menschen schlechter dran und wissen nicht, wie sie in dem kommenden Winter ihre Heizkosten bezahlen sollen. Ach, wissen Sie was, je länger ich darüber nachdenke, umso dankbarer bin ich für mein Leben und ja, ich bin tatsächlich ein glücklicher Bauer.“ Das Telefonat geht mir noch länger nach. Wer hat da eigentlich gerade wem eine Predigt gehalten. Das Werbeplakat regt mich tatsächlich zum Nachdenken an, nicht nur über den glücklichen Bauern, sondern auch über das, was mich glücklich macht.
Ihre
Angela Thies, Pn.