Mut zur Veränderung!
Von Pastor Joachim Diestelkamp, Loccum und Wiedensahl
„Jetzt reicht’s aber!“, sagt meine Frau entrüstet. Sie wollte Geld abheben. 500 €, so viel auf einmal bekommt man beim Einkaufen im Supermarkt nicht ausgezahlt. Seit Ende der 70er Jahre ist meine Frau treue Kundin ihrer Bank. In den letzten Jahren wurde Filiale für Filiale aufgegeben, jetzt stellte meine Frau fest: die nächste Möglichkeit Geld abzuheben, ist mehr als 20km entfernt. „Jetzt reicht’s! Wir wechseln die Bank“, sagte sie entschlossen.
„Jetzt reicht’s!“ Das gilt in vielerlei Hinsicht. „Jetzt reicht’s“, rufen die Jugendlichen, die Friday-for-Future“ demonstrieren. „Ihr verscherbelt und verbrennt unsere Zukunft.“ Gemeint sind wir, die Älteren – und unsere Art zu leben und zu wirtschaften. Sie haben recht, die Jugendlichen. Aber unsere Wirtschaft, unsere Gesellschaft ist wie ein riesiger Tanker, den kann man nicht eben mal schnell auf einen völlig anderen Kurs bringen. Selbst eine Vollbremsung würde den Tanker vermutlich nicht rechtzeitig zum Stehen bringen.
Das spüren auch die Politiker. „Jetzt reicht’s“, sagen Grüne und FDP nach der Bundestagswahl, die nächste Regierung muss die notwendigen Reformen nicht nur halbherzig, sondern ohne Wenn und Aber anpacken. Wer dazu bereit ist, kann mit uns regieren. Solche Macht hatten die „Kleinen“ noch nie.
Aber genau so, wie meine Frau jahrelang die Bank nicht wechseln wollte, wollen wir alle unsere liebgewordenen Gewohnheiten nicht ändern. Und mächtige wirtschaftliche und politische Interessen versuchen zu verhindern, dass sich an den Verhältnissen auf unserer Welt etwas grundsätzlich ändert.
Dabei reicht’s wirklich. Genug ist genug mit einer Lebens- und Wirtschaftsweise, die unseren Planeten im wahrsten Sinne des Wortes verheizt und Mensch und Tier allmählich die Lebensgrundlage entzieht.
Morgen ist wieder Sonntag. Nach altem christlichem Verständnis beginnt die Woche mit dem Sonntag. Jede neue Woche startet mit einem Bibelwort für die Woche. Das Bibelwort für die morgen beginnende Woche lautet: „Heile du mich, Herr, so werde ich heil; hilf mir, so ist mir geholfen“ (Jeremia 17,14). Ein tolles Wort! Da steckt das Eingeständnis drin, dass mir geholfen werden muss, dass ich Heilung brauche. Ich denke, das Eingeständnis in die eigene Hilflosigkeit ist der Anfang jeder grundsätzlichen Veränderung. Das Eingeständnis, dass es nicht so weitergehen kann, wie bisher. Wann sind wir soweit – als Gesellschaft – dass wir uns das eingestehen können? „Heile du mich, Herr, so werde ich heil!“
Ihr
Joachim Diestelkamp, Pastor in Loccum und Wiedensahl